Anna, wolltest du dich auch schon umbringen?

„Anna, wolltest du dich auch schon umbringen?“

Unerwartet stellte mir eine Klientin meines Arbeitsplatzes – ich arbeite in einem Heim für geistig und körperlich schwer beeinträchtige Menschen – während dem Frühstück, diese seltsame Frage. Ich schaute sie entsetzt an und stellte die unumgängliche Gegenfrage: „Du schon?“ Sie erzählte, dass nach ihrem Unfall nie wieder etwas so sein wird, wie es mal war und sie dies doch sehr traurig stimmte. Der Gedanke an Suizid hätte sie schon öfters geplagt. Immer und immer wieder. Nie wird sie eine Familie haben, oder einen Beruf ausüben können. Alles änderte sich an diesem Tag. Die Situation am Esstisch war irgendwie seltsam. Es lag eine Vertrautheit und doch eine Ungewissheit in der Luft. Was sollte ich denn jetzt sagen? Nichts? Ich sagte nichts mehr. Irgendwann bat sie mich, ihr Kaffee nachzufüllen und der Tag nahm seinen gewohnten Lauf.

Dies ist jetzt bestimmt ein Jahr her, wenn nicht noch viel mehr. Ständig, wenn irgendwas in meinem Leben passiert, denke ich daran. Daran, dass ich noch etwas ändern kann, wenn ich möchte.
Ich denke daran, was meine Träume und wünsche sind und ich die bis anhin noch alle erfüllen kann. Die Hürden die ich dafür nehmen muss sind alle nur halb so gross oder teils sogar nur vorgestellt.

Was wäre wenn?

Viele lassen sich von Zahlen abschrecken; Alter, Gewicht, Entfernung. So vieles verpassen sie, nur weil sie denken, dass diese Zahl sie von etwas abhalten könnte. Dabei ist das, was uns wirklich abhält nur unser Gedanken daran. Eigentlich ist es doch ganz einfach; Tu es einfach und schau was passiert. Genau das tue ich nun nämlich auch. Ich melde mich bald für den Vorkurs zum Abitur an. Endlich Abitur. Dann stehen mir alle Wege offen. Momentan würde ich nämlich alles dafür geben, Ärztin zu sein. Doch die lange Ausbildungszeit lässt mich an diesem Traum zweifeln. Zwei Jahre Abitur, ein Jahr Passerelle, Numerus Clausus, sechs Jahre Studium, drei Jahre Assistenzarzt Ausbildung und dann noch Facharzt Ausbildung. Also mindestens noch 15 Jahre, aber ich versuch’s. Vielleicht ist es in zwei Jahren auch gar nicht mehr mein Traum, aber wenn ich jetzt nicht anfange, werde ich nur älter und ich werde es irgendwann bitter bereuen, nicht jetzt damit begonnen zuhaben, das zu machen, was ich möchte.

 

Ach ja;
Habt ihr auch Ziele oder Wünsche von denen ihr denkt, dass das Erreichen echt schwer ist? Lässt ihr euch davon abhalten? Oder gibt es sogar Dinge, die ihr schon vollständig aufgegeben habt?

Eure Anna

 

Bild: Marco Bäni

2 Kommentare

  • Bernhard Häfliger

    13. Juni 2017 at 18:05

    Anna, ich bin sehr beeindruckt. Beeindruckt von einer jungen Frau, die sich mit ansteckender Art und Weise an das grosse Abenteuer heranwagt, es packt und aus ihrem Leben etwas ganz persönliches schafft.

    Oft ist es wirklich wichtig, nicht alle vermeintlichen Zahlen und Fakten zu kennen, die einem nur den Weg versperren.

    Hätten wir alles gewusst was uns an der kleinen Emme alles widerfahren wird, hätten wir uns wahrscheinlich erschrocken zurückgezogen und das Abenteuer franzweidli nicht angegangen …

    Nun blühen die ersten Rosen, die wir im ersten Jahr gepflanzt haben, verströmen ihren Duft. Menschen mit Träumen, mit Geschichten, mit Hoffnung besuchen uns auf unserem Hof.

    Von Herzen wünsche ich Dir im Sinne: es geschieht nichts Gutes, ausser man (frau) tut es – viel Glück, auch Mut zum Scheitern, Kraft zum Aufstehen und Klugheit die richten Schritte, einen um den anderen oder manchmal Sprünge zu tun. Seien es auch Mal Luftsprünge!

    Ps.: Lese grad mit Vergnügen Deinen Blog und lerne dabei viel – gratuliere.

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    • siteadmin

      13. Juni 2017 at 22:30

      Vielen lieben Dank für deine netten Worte! Es motiviert mich sehr zu sehen, dass meine Posts Anklang finden. Viel Spass beim Lesen und Grüsse aus Amerika!

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